Constantin Guys verdanken wir indirekt
die Quintessenz der Baudelaire'schen Ästhetik. Baudelaire war sich dabei der
Zweitrangigkeit Guys durchaus bewusst. Die Tatsache aber, dass Guys sein eigenes
Lebensideal des Dandy heroisierte, ließ ihn zu Höchstform auflaufen. Auszüge aus Le Peintre de la vie moderne, erstmals veröffentlicht im "Figaro" 1863: "Es gibt Leute, sogar Künstler, die gehen in den Louvre, durchqueren ihn rasch, ohne einen Blick auf die zahlreichen interessanten, wenngleich zweitrangigen Bilder zu werfen, um sich träumend vor einem der Tizians oder Raffaels aufzustellen, die die Reproduktion am populärsten gemacht hat, schließlich zufrieden weggehen; mehr als einer von diesen sagt sich: "Ich kenne mein Museum." So gibt es Leute, die - nachdem sie einst Bossuet und Racine gelesen haben - glauben, die Geschichte der Literatur verinnerlicht zu haben. Glückerlicherweise kommt ab und zu einer, der die Irrtümer der Kritiker, der Liebhaber, der Neugierigen zurecht rückt, einer, der festhält, dass nicht Alles in Raffael, nicht Alles in Racine liegt, dass in den poetae minores Gutes, Solides, Köstliches liegt. Und nicht zuletzt mag man noch so sehr die allgemeine Schönheit, die die klassischen Dichter und bildenden Künstler ausdrücken, lieben, man macht doch einen Fehler, wenn man die spezielle Schönheit, die des Augenblick, und den Aspekt der Zeitumstände außer Acht lässt. ...Genau diese Sittenmalerei der Gegenwart möchte ich mir heute zum Thema machen. Die Vergangenheit interessiert nicht nur wegen der Schönheit, die die Künstler, für die sie Gegenwart war, darin dargestellt haben, sondern auch als vergangen, wegen ihres historischen Wertes. Gleiches gilt für die Gegenwart. Das Vergnügen, das wir an einer Darstellung des Gegenwärtigen finden, hängt nicht nur an der Schönheit, die in ihr liegen kann, sondern auch an seiner grundsätzlichen Eigenschaft als gegenwärtig. ... Hier [anlässlich der Besprechung von C.Guys' Arbeiten] zeigt sich eine passende Gelegenheit eine historische und kritische Theorie des Schönen zu formulieren, als Gegenpol zur Theorie des "einen" absoluten Schönen; Gelegenheit, zu zeigen, dass das Schöne immer, unvermeidlich aus Zweien zusammengesetzt ist, obwohl es den Eindruck erweckt, Eines zu sein. Dass es schwierig ist, die veränderlichen Bestandteile im einheitlichen Gesamteindruck auseinander zu halten, spricht in keiner Weise gegen die Annahme einer notwendigen Verschiedenheit in seiner Zusammensetzung. Das Schöne hat einen ewigen, unveränderlichen Bestandteil, dessen genaues Ausmaß außerordentlich schwer zu bestimmen ist, weiterhin einen relativen, den Umständen entspringenden Bestandteil, der - in beliebigem Anteil, entweder nur etwas oder alles zusammen - Zeitumstände, Mode, Moral, Leidenschaft sein kann. Ohne diesen zweiten Bestandteil, der als amüsante, prickelnde, appetitanregende Hülle den göttlichen Kern umgibt, wäre das erstgenannte Element ungenießbar, der menschlichen Natur weder angepasst noch angemessen. Ich wette, man wird nicht ein Beispiel von Schönheit finden, in dem nicht beide Anteile vorhanden sind." (Übersetzung: Copyright Michael Venator) |
Qu’il soit doué, bon dessinateur ou simplement
surestimé, Constantin Guys a l’inestimable mérite d’avoir provoqué Charles
Baudelaire à concevoir la somme de sa conviction esthétique. |